Indirekter Einkauf:
Eine Schlüsselfunktion zur Effizienzsteigerung in Unternehmen
Joshua Weißenberger
CONSULTANT & INTERIM MANAGER SUSTAINABILITY & PURCHASING
In der heutigen globalisierten und wettbewerbsintensiven Wirtschaft spielt der Einkauf eine entscheidende Rolle für den Erfolg eines Unternehmens. Dabei wird häufig der Fokus auf den direkten Einkauf gelegt, also den Einkauf von Materialien und Dienstleistungen, die direkt in die Produktion von Gütern oder Dienstleistungen einfließen.
Der indirekte Einkauf hingegen, obwohl er in vielen Unternehmen einen beträchtlichen Teil der Gesamtausgaben ausmacht, wird oft vernachlässigt. Doch gerade hier liegen erhebliche Potenziale zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung.
In diesem Beitrag möchten wir die Bedeutung des indirekten Einkaufs beleuchten und aufzeigen, warum er für Unternehmen von großer Relevanz ist. Wir werden dabei nicht nur die theoretischen Grundlagen behandeln, sondern auch ein Praxisbeispiel präsentieren, das den Wert des indirekten Einkaufs verdeutlicht.
Was versteht man unter indirektem Einkauf?
Unter indirektem Einkauf versteht man die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen, die nicht direkt in das Endprodukt eines Unternehmens einfließen, sondern zur Aufrechterhaltung der betrieblichen Abläufe benötigt werden. Dazu zählen zum Beispiel Büromaterialien, IT-Dienstleistungen, Gebäudemanagement, Marketingservices oder auch Reisekosten. Im Gegensatz zum direkten Einkauf, der eng mit der Produktion verknüpft ist, betrifft der indirekte Einkauf eher die unterstützenden Bereiche eines Unternehmens.
Bedeutung des indirekten Einkaufs
Der indirekte Einkauf umfasst oft eine Vielzahl von Kategorien und Lieferanten. Dabei variieren die Ausgaben je nach Branche und Unternehmensgröße erheblich. Studien zeigen, dass der indirekte Einkauf in manchen Unternehmen bis zu 40 Prozent der Gesamtausgaben ausmachen kann. Angesichts dieses Volumens ist es erstaunlich, dass viele Unternehmen diesen Bereich nicht strategisch steuern und optimieren.
Ein systematisches Management des indirekten Einkaufs bietet jedoch viele Vorteile:
- Kosteneinsparungen: Durch gezielte Verhandlungen mit Lieferanten und die Bündelung von Beschaffungen können Unternehmen erhebliche Kosten einsparen.
- Effizienzsteigerung: Ein gut organisierter indirekter Einkauf ermöglicht es, interne Prozesse zu verschlanken und Verwaltungsaufwände zu reduzieren.
- Verbesserte Transparenz: Durch eine zentrale Steuerung und Kontrolle des indirekten Einkaufs können Unternehmen einen besseren Überblick über ihre Ausgaben und Lieferanten erhalten.
- Risikomanagement: Eine strukturierte Auswahl von Lieferanten und Dienstleistungen minimiert Risiken in der Lieferkette und erhöht die Stabilität des Unternehmens.
Praxisbeispiel: Optimierung des indirekten Einkaufs in einem mittelständischen Unternehmen
Ein mittelständisches IT-Unternehmen mit rund 500 Mitarbeitern hatte in den letzten Jahren einen starken Fokus auf das Wachstum des Kerngeschäfts gelegt. Die Beschaffung von IT-Hardware und Software, die direkt in die Dienstleistungen des Unternehmens einfließen, wurde systematisch und strategisch gesteuert. Der indirekte Einkauf hingegen – dazu zählten in diesem Fall unter anderem Büromaterialien, Reisebuchungen, Reinigung und Wartung von Büroräumen sowie Marketingmaterialien – wurde über die verschiedenen Abteilungen hinweg unkoordiniert und ad-hoc abgewickelt.
Die Geschäftsleitung erkannte schließlich, dass der indirekte Einkauf einen großen Anteil an den Gesamtausgaben hatte, jedoch ineffizient organisiert war. Um diesen Bereich zu optimieren, wurde eine Task Force ins Leben gerufen, die den gesamten Prozess des indirekten Einkaufs analysierte und Handlungsempfehlungen erarbeitete.
Schritt 1: Analyse der Ausgaben und Lieferantenstruktur
Der erste Schritt der Optimierung bestand darin, eine detaillierte Analyse der bisherigen Ausgaben für den indirekten Einkauf durchzuführen. Es stellte sich heraus, dass das Unternehmen über 50 verschiedene Lieferanten für Büromaterialien hatte, wobei einige Abteilungen ihre eigenen Rahmenverträge verhandelten. Ähnliche Muster ergaben sich in den Bereichen Reisekosten, Gebäudemanagement und Marketing. Es wurde schnell klar, dass durch die fehlende Koordination erhebliche Einsparpotenziale ungenutzt blieben.
Schritt 2: Bündelung und Standardisierung der Beschaffung
Auf Grundlage der Analyse entschied sich die Geschäftsleitung, den indirekten Einkauf zentral zu steuern. Statt viele kleine Einzelbestellungen durch verschiedene Abteilungen abzuwickeln, wurden Rahmenverträge mit einer geringeren Anzahl an bevorzugten Lieferanten abgeschlossen. Diese Rahmenverträge ermöglichten es dem Unternehmen, bessere Konditionen auszuhandeln und gleichzeitig die interne Administration zu vereinfachen. Zudem wurden interne Richtlinien für den indirekten Einkauf erstellt, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter den neuen Beschaffungsprozess einhielten.
Schritt 3: Einführung einer E-Procurement-Plattform
Ein weiterer entscheidender Schritt war die Implementierung einer E-Procurement-Plattform. Diese digitale Lösung ermöglichte es den Mitarbeitern, benötigte Produkte und Dienstleistungen aus einem vordefinierten Katalog auszuwählen, der auf den abgeschlossenen Rahmenverträgen basierte. Dadurch konnten Bestellungen schneller und effizienter abgewickelt werden. Zudem gewährleistete die Plattform eine bessere Nachverfolgbarkeit und Transparenz der Ausgaben im indirekten Einkauf.
Schritt 4: Schulung der Mitarbeiter
Um den neuen Prozess erfolgreich zu implementieren, wurden die Mitarbeiter in den verschiedenen Abteilungen des Unternehmens gezielt geschult. Sie lernten, wie sie die E-Procurement-Plattform nutzen und welche internen Richtlinien beim indirekten Einkauf zu beachten sind. Durch diese Schulungen wurde sichergestellt, dass alle Mitarbeiter mit den neuen Abläufen vertraut waren und der Wandel reibungslos umgesetzt werden konnte.
Ergebnisse der Optimierung
Die Optimierung des indirekten Einkaufs in diesem IT-Unternehmen zeigte schon nach wenigen Monaten deutliche Erfolge. Die Kosten für den indirekten Einkauf konnten um 15 Prozent gesenkt werden, insbesondere durch die Bündelung der Beschaffungen und die verbesserten Verhandlungsmöglichkeiten mit den Lieferanten. Gleichzeitig wurde die interne Effizienz gesteigert, da der Bestellprozess standardisiert und digitalisiert wurde.
Ein weiterer positiver Nebeneffekt war die verbesserte Transparenz. Das Unternehmen konnte nun genau nachverfolgen, welche Abteilungen welche Ausgaben tätigten und welche Lieferanten die wichtigsten Partner waren. Dies ermöglichte nicht nur eine genauere Budgetplanung, sondern auch eine proaktive Steuerung des Einkaufs, um weitere Einsparpotenziale zu identifizieren.
Herausforderungen beim Management des indirekten Einkaufs
Trotz der vielen Vorteile, die eine Optimierung des indirekten Einkaufs mit sich bringt, gibt es auch Herausforderungen, die Unternehmen meistern müssen:
- Vielfältige Kategorien: Der indirekte Einkauf umfasst eine breite Palette von Kategorien, von Büromaterial über Dienstleistungen bis hin zu Wartung und Instandhaltung. Es erfordert Zeit und Expertise, um in all diesen Bereichen die besten Lieferanten und Konditionen zu finden.
- Widerstand in den Abteilungen: Oft stoßen zentrale Einkaufsentscheidungen auf Widerstand in den Abteilungen, die bisher eigenverantwortlich ihre Bestellungen abgewickelt haben. Es bedarf einer gezielten Kommunikation und Schulung, um diesen Wandel erfolgreich zu gestalten.
- Lieferantenmanagement: Im indirekten Einkauf gibt es häufig eine Vielzahl kleinerer Lieferanten, die schwerer zu managen sind als große Partner im direkten Einkauf. Hier ist ein strukturiertes Lieferantenmanagement notwendig, um die Qualität und Zuverlässigkeit der Dienstleistungen sicherzustellen.
Fazit: Der indirekte Einkauf als Erfolgsfaktor
Der indirekte Einkauf ist ein Bereich, der in vielen Unternehmen unterschätzt wird, obwohl er beträchtliche Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen ermöglicht. Wie das Praxisbeispiel gezeigt hat, können Unternehmen durch die Bündelung von Beschaffungen, die Einführung digitaler Lösungen und eine klare Steuerung des Einkaufs wesentliche Vorteile erzielen.
Es ist daher ratsam, den indirekten Einkauf nicht als nachrangigen Bereich zu betrachten, sondern ihn strategisch zu steuern und zu optimieren. Nur so können Unternehmen das volle Potenzial ausschöpfen und sich langfristig im Wettbewerb behaupten.
Durch die konsequente Umsetzung einer indirekten Einkaufsstrategie kann jedes Unternehmen seine internen Prozesse verbessern, Kosten senken und gleichzeitig die Transparenz erhöhen. Damit wird der indirekte Einkauf zu einem wichtigen Baustein für den Erfolg und die Nachhaltigkeit eines Unternehmens.